Provinz Zentralindien
Jeevodaya Ashram - 25 Jahre Dienst an gebrochenen Menschen...
"Je mehr jemand zu Gottes Freund wird, desto mehr wird er sich um die Dinge kümmern, die IHM wichtig sind. Es ist eine grossartige Aufgabe, jemandem, der nach einem gescheiterten Leben nie mit einer zweiten Chance gerechnet hätte, um den sich niemand kümmert, einen Neuanfang zu ermöglichen. “
Der Beginn von Jeevodaya Ashram liegt 25 Jahre zurück. Damals, am 22. Januar 1995, hörten Sr. Fidelis und Sr. Clara einen ganz besonderen Anruf, sich innerhalb ihrer Ordensberufung der Menschen - Männer und Frauen – anzunehmen, die hinter Gittern sind, sowie, sich um misshandelte oder ausgebeutete Frauen zu kümmern.
Das Jubiläumsjahr gibt uns Gelegenheit, uns noch einmal an die Anfänge zu erinnern, in die Zukunft zu schauen und für Gottes Segen zu danken. Am 30. Januar 2020 feierte der Erzbischof von Bangalore, Dr. Peter Machado, zusammen mit dem bischöflichen Vikar für die Ordensleute, Pfarrer Xavier Manavath, einen Dankgottesdienst für alle ehemaligen und gegenwärtigen Bewohnerinnen des Jeevodaya Ashrams. Dazu eingeladen waren auch die jetzigen und früheren Nationalen Koordinatoren der Gefängnisseelsorge Indiens, sowie die Priester aller benachbarten Institutionen. Vor fünfundzwanzig Jahren wagten wir Schwestern vom Heiligen Kreuz einen mutigen und kühnen Schritt, indem wir eine Jeevodaya-Gemeinschaft für entlassene weibliche Strafgefangene und Frauen in körperlicher, geistiger und sozialer Not oder moralischer Gefahr gründeten - ein Ort, wo Gebrochenheit und Wunden heilen und die Frauen in die Gesellschaft zurück finden konnten.
Wir waren überzeugt davon, dass Gottes Geschenk die gebrochenen Herzen durch unsere Hände erreichen kann. Bevor wir uns diesem Dienst widmeten durchliefen wir selber eine Schulungs- und Vorbereitungszeit. Das Arbeiten mit Selbsterfahrung bewirkte in uns einen Wandlungsprozess, sodass wir für die Häftlinge, die mit uns unterwegs waren zu wirksamen Instrumenten der Transformation wurden. Wir haben mit ihnen daran gearbeitet, selber die Autoren ihres „Lebensbuches“ zu werden und unterstützten sie darin, Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen und mutig weiter zu gehen auf ihrem Lebensweg.
Geduldig hörten wir ihnen zu, wenn sie über ihre Not, den aufgestauten Hass, Angst, Zorn, Furcht und Groll sprachen. Wenn sie sich all die negativen Gefühle von der Seele geredet hatten, suchten wir mit ihnen nach einem Weg, sich mit ihrer Familie und ihren Angehörigen zu versöhnen. Einmal befreit von den belastenden Gefühlen, begannen sie, sich in die Gruppe zu integrieren und an Aktivitäten teilzunehmen. Dabei wurden sie weiterhin regelmässig unterstützt. Das Leben in der Gruppe gab ihnen reichlich Gelegenheit, all die Verletzungen und Schmerzen der Vergangenheit zu verarbeiten. Unsere Beteiligung an den Rehabilitationsaktivitäten gab ihnen immer Licht, wenn sie völlig im Dunkeln waren. Die an diesem Dienst beteiligten Schwestern besuchten das Gefängnis mit Sondergenehmigung und vermittelten den Insassinnen positive Energie, denn wir stellten fest, dass diese Frauen ein göttliches Feuer in sich tragen. Mit individueller Beratung, Gruppentherapie und anderen Aktivitäten begannen sie, ihre Einstellungen und ihr Denken zu verändern.
Jeevodaya ist eine einzigartige Gemeinschaft, die diese Frauen im Herzen mitträgt. Sie lebt mit ihnen als grosse Familie, in einem einfachen Lebensstil, alles wird geteilt. Das Zusammenleben mit den gebrochenen Frauen und jungen Mädchen verlangt nach einer prophetischen, innovativen, kreativen und engagierten Lebensweise. Dieser einfache Stil wird bis heute fortgesetzt. Jeevodaya leistete einen grossartigen Beitrag in Kirche und Gesellschaft. Unsere Schwestern bereiteten die Gefangenen darauf vor, sich wieder in die Gesellschaft einzugliedern. Dabei waren die drei folgenden Schritte "Entlassung, Wandlung und Rehabilitierung" richtungsweisend für die Reintegration dieser verwundeten Frauen und jungen Mädchen.
Während der letzten 25 Jahre haben 75 Mädchen, die bei uns waren, geheiratet und eine Familie gegründet. 359 sind in einem Beruf tätig und verdienen ihr eigenes Einkommen, zehn von ihnen haben einen Krankenpflegekurs abgeschlossen und arbeiten, vier haben Kurse in Computeranwendung absolviert, eine macht gerade den Masterstudiengang in Betriebswirtschaft, fünfzehn haben den Kosmetikkurs absolviert und machen sich gut. Insgesamt wurde 761 Häftlingen auf verschiedene Weise Hilfe angeboten, damit sie einen Weg zurück ins normale Leben finden konnten. Es wurde ihnen eine Art Neustart ermöglicht. Die Mehrheit ist inzwischen integriert und führt ein glückliches Familienleben. Die Kosten für die verschiedenen Ausbildungen wurden von grosszügigen Wohltätern getragen.
Aus der Erfahrung der eigenen Nichtigkeit und der totalen Abhängigkeit von Gott kann das Vertrauen in die göttliche Vorsehung wachsen. In Seiner Vorsehung hat es uns in der Vergangenheit nie an etwas gefehlt. Es sind auch keine problematischen Ereignisse eingetreten, obwohl es rund um unser Haus weder eine Mauer, noch irgendwelche spezifischen Sicherheitsvorkehrungen gab. Wir sind sehr dankbar, dass wir unser Leben mit diesen Häftlingen teilen durften und ihnen einen neuen Weg ins Leben eröffnen konnten.
Während der Feierlichkeiten zum Silberjubiläum berichteten einige unserer rehabilitierten Häftlinge von ihren Lebenserfahrungen. Sie erzählten voll Dankbarkeit, wie sie in die Gesellschaft zurückgefunden haben und einen Sinn für ihr Leben finden konnten.
Wir erheben unsere Herzen in Dankbarkeit zu Gott für die wunderbare Art und Weise, wie er uns in den vergangenen 25 Jahren begleitet hat. Wir glauben und vertrauen, dass Er uns auch weiterhin in Seinen Händen halten und an das Ufer der Hoffnung, des Friedens und der Freude führen wird.
Da, wo wir alles in Gottes Hand legen, können grosse Dinge geschehen. Er wirkt Wunder und macht alles gut zur rechten Zeit. Lasst uns formbare Werkzeuge sein in den Händen des Herrn, um vielen, die im Finstern tappen, die am Horizont ihres Lebens noch keinen Lichtstreifen erkennen, neues Leben zu bringen.
Sr. Fidelis Nedumpara
Provinz Zentraliniden